Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Mit meiner Erfahrung als Geschäftsführerin einer Digitalagentur und meiner Begeisterung für die Automobilwelt bereite ich hier wertvolle Einblicke aus langen Podcasts auf. Ich bin zwar keine zertifizierte Mechanikerin oder technische Expertin, bereite die Inhalte aber sorgfältig auf, um komplexe Informationen für mich und andere verständlich zu gestalten.
Mehr über das Projekt Drivecasters
Diese Zusammenfassung behandelt die Episode "mit Daniel Goeudevert" des Podcasts "Alte Schule". Der Gast, Daniel Goeudevert, ehemaliger Topmanager bei Ford und VW, ist bekannt für seine Fähigkeit, Wirtschaft, Gesellschaft, Politik und Technologie ganzheitlich zu betrachten. Weit entfernt von einem typischen Manager-Interview, bietet die Folge eine tiefgründige Analyse der aktuellen Umbrüche, insbesondere in der Automobilindustrie, aber weit darüber hinaus. Goeudevert, inzwischen Mitte 80, analysiert mit scharfer Zunge und klarem Blick die Hektik, Brüchigkeit und Unplanbarkeit unserer Zeit. Es geht um den Wandel der Mobilität, die Rolle der Technik, den Einfluss der Politik und den Zeitgeist, der alles durchdringt. Die Episode ist relevant für jeden, der die tieferen Zusammenhänge hinter den Schlagzeilen verstehen möchte, insbesondere die komplexen Kräfte, die die Zukunft unserer Industrie und Gesellschaft formen. Goeudevert liefert keine einfachen Antworten, sondern regt zum Nachdenken über fundamentale Fragen an.
Wichtigste Erkenntnisse / Kernbotschaften
- Die Kompression der Zeit: Das beherrschende Phänomen unserer Epoche ist nicht mehr die Beherrschung des Raumes (Mobilität im klassischen Sinne), sondern der Versuch, die Zeit zu beherrschen. Dies führt zu einer extremen Beschleunigung, Hektik und Unplanbarkeit in Politik und Wirtschaft, die traditionelle Denk- und Planungsmodelle (wie 10-Jahres-Pläne) obsolet macht.
- Automobilindustrie am Scheideweg: Die Branche befindet sich an einem fundamentalen Bruchpunkt, vergleichbar mit der Ablösung des Pferdes durch das Auto. Sie klammert sich jedoch zu sehr an die Verbesserung des bestehenden Produkts (mehr PS, mehr Zylinder, größere Bildschirme), anstatt die eigentliche Funktion – Mobilität – neu zu denken.
- Elektroauto als unzureichende Antwort: Die Elektrifizierung ist laut Goeudevert nur eine Episode und keine grundlegende Lösung für die zukünftigen Mobilitätsbedürfnisse. Sie verlagert lediglich Abhängigkeiten (von Öl zu Strom) und löst nicht die tieferliegenden systemischen Probleme wie Verkehrsdichte oder Ressourcenverbrauch.
- Systemische Trägheit und kurzfristiges Denken: Sowohl die Industrie (oft getrieben von Arroganz des Erfolgs und Ingenieursdenken in Kennzahlen) als auch die Politik (fixiert auf Wahlen, beeinflusst von Lobbyismus) agieren oft kurzsichtig und inkonsistent. Dies verhindert vorausschauende, nachhaltige Strategien. Signale für notwendige Veränderungen wurden oft ignoriert (Beispiel: frühe E-Auto-Initiative bei VW in den 90ern).
- Daten als eigentliches Ziel: Akteure wie Elon Musk nutzen das Elektroauto primär als Vehikel zur Sammlung riesiger Datenmengen über Nutzerverhalten. Das eigentliche Geschäftsmodell verschiebt sich von der Hardware (Auto) zur Software und den Daten, was die traditionelle Industrie vor immense Herausforderungen stellt (Beispiel: Agenturmodell).
- Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels und ganzheitlichen Denkens: Statt isolierter technischer Optimierung braucht es einen "Quantensprung" im Denken über Mobilität. Dies erfordert einen interdisziplinären Dialog ("Runder Tisch") unter Einbeziehung von Konsumenten, Politikern (mit Weitblick), Ingenieuren (lernbereit), Sozialwissenschaftlern, Städteplanern und Technologieexperten (KI, Logistik), um zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln.
- Die emotionale Bindung an das Auto: Goeudevert erkennt die starke emotionale und biografische Verbindung vieler Menschen zum Automobil an. Diese dürfe aber nicht den Blick dafür verstellen, dass sich die Rolle des Autos grundlegend ändern muss, um relevant zu bleiben. Es braucht eine Versöhnung von Tradition und notwendiger Transformation.
Detaillierte Themenabschnitte
Die Beschleunigung der Zeit und der Verlust der Planbarkeit
Goeudevert beginnt mit der Feststellung, dass die heutige Zeit fundamental anders ist als die Ära seiner aktiven Karriere. Die Planbarkeit, die früher existierte (z.B. 10-Jahres-Pläne bei Ford), ist einer extremen Hektik und Unvorhersehbarkeit gewichen. Ereignisse überschlagen sich so schnell (Beispiel: Zelenskyjs Besuch in New York, unterbrochen durch eine plötzliche politische Wendung), dass Analyse und Reflexion kaum noch möglich sind. Er argumentiert, dass die Menschheit nach der Beherrschung des Raumes (durch Mobilität über Millionen Jahre) nun versucht, das Phänomen "Zeit" zu beherrschen. Dies führt zu einer radikalen Verkürzung von Produktlebenszyklen und Entwicklungszeiten. Das Wissen älterer Generationen kann kaum noch übertragen werden, da die Technologie sich schneller entwickelt, als traditionelle Lernprozesse es zulassen (Beispiel: Der Zimmermann mit dem Laser-Messgerät, das es während seiner Ausbildung noch nicht gab). Diese Zeitkompression stellt alle Akteure – Wirtschaft, Politik, Bürger, Journalisten – vor immense Herausforderungen.
Die Automobilindustrie an einem fundamentalen Bruchpunkt
Die Automobilindustrie, insbesondere die deutsche, ist laut Goeudevert Weltmeister in der Perfektionierung eines bestehenden Produkts. Dieses Mindset, Gutes immer weiter zu verbessern, stößt nun an seine Grenzen. Die Industrie klammert sich an alte Denkmuster und versucht, mit den Modellen der Vergangenheit die Zukunft zu gestalten. Goeudevert kritisiert die Fokussierung auf das Auto als Besitzobjekt (Statussymbol) statt als Nutzungsobjekt (Mobilitätswerkzeug). Dies führte zu immer größeren, schwereren und leistungsstärkeren Fahrzeugen (SUVs, mehr Zylinder), was zwar profitabel war, aber die eigentliche Funktion aus den Augen verlor. Er zitiert Martin Heidegger zur Eigendynamik der Technik, die irgendwann ihre eigene Ziellosigkeit zum Ziel hat – eine Entwicklung, die er in der Autoindustrie manifestiert sieht. Das reine Ingenieursdenken (Beispiel: 12 Zylinder sind besser als 8) reicht nicht mehr aus, um die komplexen Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Das gesamte System Automobil, inklusive der eng vernetzten Zulieferindustrie, gerät ins Wanken.
Elektromobilität: Eine Episode, keine Lösung
Goeudevert sieht die aktuelle Welle der Elektromobilität kritisch. Sie sei keine fundamentale Antwort auf die Frage der zukünftigen Mobilität, sondern primär eine Reaktion auf Umweltauflagen und eine Verlagerung von Abhängigkeiten (Öl zu Strom, oft aus problematischen Quellen). Er erinnert an eigene, frühe Initiativen bei VW in den frühen 90er Jahren (mit Nicolas Hayek und Jacques Delors), ein europäisches Elektro-Stadtauto-Konzept inklusive einheitlicher Ladeinfrastruktur zu etablieren. Dies scheiterte am Widerstand der etablierten Industrie und fehlender Weitsicht. Die spätere Einführung von E-Autos erfolgte chaotisch ("Karren vor die Ochsen gespannt"), mit uneinheitlichen Ladesteckern und mangelnder Infrastruktur, was die Akzeptanz bremste. Für Goeudevert ist E-Mobilität eher eine technische Variation des bekannten Autos als ein echter Paradigmenwechsel. Er sieht Hybrid-Technologie (non-plug-in, wie bei Toyota) als pragmatischeren Übergangsweg.
Die Rolle von Politik, Lobbyismus und kurzfristigem Denken
Die Politik agiert oft inkonsistent und kurzsichtig, getrieben von Wahlzyklen und dem Wunsch nach Popularität (z.B. Umweltversprechen). Entscheidungen wie das abrupte Ende der E-Auto-Förderung oder unrealistische CO2-Vorgaben schaffen Unsicherheit und machen die Wirtschaft unglaubwürdig. Goeudevert weist auf den enormen Einfluss von Lobbyisten hin (50.000 in Brüssel), die oft langfristige, sinnvolle Entwicklungen blockieren (Beispiel: Verzögerung des Clean Air Act in Kalifornien). Der Dieselskandal wird als Symptom dieses komplexen Zusammenspiels aus politischen Vorgaben, industriellem Machbarkeitsdruck und dem Versuch, Regeln zu umgehen, gesehen. Er kritisiert die Tendenz der Politik, sich in technische Details einzumischen, ohne das Gesamtbild zu verstehen, und fordert stattdessen klare, langfristige Rahmenbedingungen.
Daten, Technologie und die Motive hinter dem Wandel
Goeudevert analysiert die Strategie von Akteuren wie Elon Musk. Dessen Hauptmotivation beim Vorantreiben von Tesla sei weniger der Umweltschutz gewesen, sondern die Schaffung einer Plattform zur massiven Datensammlung über die Nutzer. Das Auto wird zum rollenden Datensammler. In Kombination mit anderen Plattformen (wie X/Twitter, Starlink) entstehe eine immense Machtkonzentration. Dieses Geschäftsmodell stellt die traditionelle Industrie, die immer noch primär Hardware verkauft, vor eine existenzielle Herausforderung. Das neue Agenturmodell im Autovertrieb sieht Goeudevert als logische Konsequenz dieses Trends: Es ermöglicht dem Hersteller den direkten Zugriff auf Kundendaten, was für die Produktentwicklung wertvoll ist, aber auch neue Abhängigkeiten schafft. Er kritisiert zudem die aktuelle Implementierung von Technologie wie riesigen Bildschirmen in Autos, die vom Fahren ablenken. Solche Features machten erst Sinn, wenn das autonome Fahren Realität sei – ein weiteres Beispiel für falsch gesetzte Prioritäten ("Pferde hinter den Karren spannen").
Persönliche Reflexionen, Visionen und die Analogie zum Pferd
Goeudevert blickt auf seine eigene Karriere zurück, insbesondere auf seine Zeit bei VW und den "Machtkampf" mit Ferdinand Piëch. Er erkennt neidlos an, dass Piëch mit seiner Strategie (Mehrmarken, Luxus, technische Exzellenz) zur damaligen Zeit der richtige Mann war, um VW zu sanieren und finanziell zu stärken. Goeudeverts eigener Ansatz, der stärker auf Umwelt, Verkehrssysteme und gesellschaftliche Aspekte fokussiert war, wäre damals gescheitert. Heute jedoch könnten seine damaligen Ideen relevanter sein. Er betont die Bedeutung von Einflüssen außerhalb der reinen Autowelt, wie seine Mitgliedschaft im Club of Rome oder die Zusammenarbeit mit Denkern wie Frederic Vester ("Ausfahrt Zukunft"). Die zentrale Analogie, die er zieht, ist die zum Pferd Ende des 19. Jahrhunderts. Das Pferd konnte sich nicht gegen seine Ablösung wehren. Das Auto steht heute vor einer ähnlichen Situation. Es wird nicht verschwinden, aber seine Rolle als dominantes Mobilitätsmittel wird in Frage gestellt durch neue Technologien, veränderte gesellschaftliche Bedürfnisse (Urbanisierung, Umweltbewusstsein, Digitalisierung) und politische Regulierungen (Innenstadtbeschränkungen, Gewichts-Limits). Das Auto "stört" zunehmend. Die emotionale Bindung vieler Menschen an das Auto ("erster Kuss im Auto") sei verständlich, dürfe aber nicht verhindern, dass die Hersteller und die Gesellschaft rational über seine zukünftige, angepasste Rolle nachdenken. Es brauche einen "Think Tank"-Ansatz, der verschiedene Disziplinen und Perspektiven (Nationalitäten, Geschlechter, Fachrichtungen) zusammenbringt, um eine "schöne harmonische Lösung" für die Transformation der Mobilität zu finden.
Fazit
Daniel Goeudevert zeichnet ein komplexes und teils beunruhigendes Bild der Gegenwart und Zukunft, insbesondere für die Automobilindustrie. Seine zentrale Botschaft ist, dass inkrementelle Verbesserungen und rein technologische Fixes wie die Elektrifizierung nicht ausreichen werden, um die fundamentalen Herausforderungen zu meistern. Die Branche und die Gesellschaft müssen die Funktion der Mobilität in einem sich rapide wandelnden Umfeld neu definieren. Dies erfordert einen radikalen Bruch mit alten Denkmustern, eine Abkehr von kurzfristigem Denken und Lobbyismus, sowie einen mutigen, interdisziplinären Ansatz, der technologische Möglichkeiten, gesellschaftliche Bedürfnisse und ökologische Notwendigkeiten ganzheitlich betrachtet. Nur so könne das "Wesen Automobil", trotz seiner unvermeidlichen Transformation, eine sinnvolle und positive Rolle in der Zukunft spielen, anstatt wie das Pferd sang- und klanglos von der Hauptbühne zu verschwinden. Das Gespräch ist ein eindringlicher Appell zur Reflexion und zum proaktiven Gestalten des Wandels.
Diese Zusammenfassung wurde mit Hilfe von KI aus dem Transkript der Podcast-Episode generiert.